Brave New World?

Wer sich an „Brave New World“, den großen dystopischen Roman von Aldous Huxley aus dem Jahr 1932 erinnert, der stellt mit Erschrecken fest, wie beklemmend real manches davon heute erscheint. Huxley beschreibt eine Gesellschaft im Jahre 2540, in der„Stabilität, Frieden und Freiheit“ herrschen. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Wir züchten zwar keine Alpha Plus und Epsilon Minus-Menschen, aber auch unsere Lebenswirklichkeiten scheinen auseinanderzudriften. Na und – das hat es doch schon immer gegeben, dazu braucht mal doch keine Digitalisierung?!

Stimmt, aber Digitalisierung ist definitiv der globale Brandbeschleuniger von guten wie von weniger guten Entwicklungen. Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir wirklich spüren, dass die Entwicklung exponentiell geht. Kastenwesen und Manipulation wie in „Brave New World“ gehen immer, Exonomics erst jetzt.

Exonomics heißt, dass einige wenige, 0,01% der Menschheit vielleicht oder noch weniger, enorm, immer schneller, unvorstellbar reich werden, die totale Konzentration von Kapital und Ressourcen, vielleicht sogar Lebenszeit – während der Rest der Menschen, wenn sie denn Glück haben, bestenfalls ein wenig profitieren. Das sehen wir heute schon, die Gleichheit nimmt weltweit dramatisch ab, auch bei uns. Die Menschheit spaltet sich in wenige, die die Maschinen und Algorithmen kontrollieren und viele, die kontrolliert werden.

Das wäre dann allerdings das Ende von Demokratie, denn Demokratie braucht ein Mindestmaß an Gleichheit. Das ist vorbei, wenn wir in total verschiedenen Universen unterwegs sind. Übrigens ein Grund, warum ich öffentliche und öffentlich finanzierte Räume wie Schulen, Universitäten, Kulturstätten, aber auch Infrastruktur wie Transport, Sport- und Freizeiteinrichtungen für essentiell halte – das sind Orte, an denen man zusammenkommt. Das darf sich nicht einfach in Luft auflösen.

Was tun? Zusammenkommen ist das Zauberwort. Wir sind Menschen, weil wir hypersoziale Wesen sind. Keiner von uns überlebt allein, keiner. Aber zusammen erobern wir das Weltall. Durch unsere überragende Fähigkeit zur Kommunikation und Kooperation, zur geteilten Phantasie. Das Internet wurde zur Kommunikation zwischen Wissenschaftlern erfunden. Heisenberg sagt „Wissenschaft wird von Menschen gemacht. Wissenschaft entsteht im Dialog“. Und alles andere eben auch. Wie kann uns das auch jetzt weiterhelfen?

Fest steht: wir brauchen Offenheit, Aufgeschlossenheit, lernen wollen, vernetztes Denken. Nur dann schaffen wir das. Die beliebte Science Fiction-Frage, ob eine überlegene künstliche Intelligenz wohl „gut“ oder „böse“ sein wird, und wie sie mit uns umgehen wird, ist überflüssig. Sie ist so wie wir, weil wir sie programmieren und trainieren, wie wir denken und handeln, mit all unseren Egoismen, Vorurteilen und Gemeinheiten. Oder eben mit unserer Fähigkeit zur Kooperation, gegenseitiger Unterstützung und Wertschätzung, Digitalisierung ist nur der Brandbeschleuniger – wir müssen uns entscheiden und zwar jetzt. Nicht Wettlauf, sondern vorausschauende Zusammenarbeit ist der Weg aus dem Gefangenendilemma.

Davon sind wir noch Lichtjahre entfernt, unsere technische Entwicklung der ethisch-moralischen wieder einmal voraus. Im Moment verhalten wir uns eher wie eine Bakterienkultur, die ihren Nährboden wegfrisst und dann (wahrscheinlich) eingeht. Und wir wären übrigens nicht die einzigen Vertreter der Gattung Homo, die es schafft auszusterben, alle anderen haben das auch schon hingekriegt.

Aber das muss nicht so sein. Wenn wir zusammenarbeiten, haben wir die Chance, dass wir uns das etwas voreilige Etikett „Homo sapiens“ tatsächlich verdienen.

Mehr zum Thema gibt’s hier (https://www.welt.de/wirtschaft/bilanz/ article181760962/Technologie-Management-Kooperieren-oder-verlieren.html)

 

 

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